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Das zehnte Kapitel, in welchem eine wilde Jagd durch Raum und Zeit beginnt

 

Kol und Vol hockten vor der Wagemut II im weichen Gras und spielten Karten. Eine sanfte Brise strich über den offenen Platz im Schatten des großen silbernen Raumschiffes. Der Wind war gerade so angenehm, dass er sie erfrischte aber nicht so stark, dass die Karten weggeweht wurden. Hin und wieder fing sich ein Sonnenstrahl im Metall des Raumschiffes oder spielte auf dem Glas ihrer Helme. Ganz vorwitzige Strahlen versuchten sogar in ihren Karten mitzuspielen. Ärwin saß neben ihnen im Gras und ärgerte sich ein bisschen, denn er konnte leider nicht mitspielen. Die vielen Karten, die man bei pomponellischen Spielen immer halten musste, fielen ihm dauernd aus den Flossen. Er hätte gegen die beiden Pomponeller natürlich gewonnen, denn Lungenfische können wahrscheinlich besser Karten spielen als jedes andere Wesen im gesamten Universum, meinte Ärwin, – aber er hatte bisher keine Möglichkeit gehabt, das zu beweisen. Es sah immer nur tollpatschig aus, wenn er mitspielte. Kol und Vol hätten ihm schon längst Kartenhalter gebaut, wenn sie Zeit gehabt hätten. Hatten sie aber nicht - sie mussten ja selbst Karten spielen.

Da plötzlich knackte und raschelte es laut im Gebüsch und vor Schreck fielen auch unseren beiden Freunden die Karten aus den Händen. Sie schimpften beide leise durch ihre Rüssel und drehten sich verärgert um. Hinter ihnen brach der Professor durch die Schachtelhalmstämme dicht bei dem Raumschiff, und ihm folgte ein kleiner Dinosaurier fast direkt auf den Fersen.

Irmiguckilus Kurukikulitsch war sichtlich außer Atem. Er stützte sich auf das Landegestell der Wagemut II und schnaufte heftig. Außerdem sah er sehr zerknittert und verschrammt aus. Er trug immer noch keinen Helm, denn er war sehr eigensinnig. Seine blasse schweinchenrosa Gesichtshaut war mit roten Flecken übersäht und er schwitzte als käme er direkt aus der Sauna. Neben ihm stand der kleine Dinosaurier auf wackeligen Beinen und pfiff durch die Nase wie eine Dampflokomotive. Er sah sogar fast aus wie eine Dampflok, denn kleine Rauchwölkchen standen über seinen Nüstern. Er zitterte so stark, dass er sich an den Beinen des Professors abstützen musste. Nachdem der Professor sich zehn Sekunden ausgeruht hatte ließ er sich neben Kol, Vol und Ärwin erschöpft zu Boden sinken und stieß schnaufend und stotternd und rappend hervor: „Es knisterte und knasterte im rechten Gehege. Der erste Dinosaurier schlopf aus dem Gelege, die anderen werden wohl auch bald kommen. Dieses Vieh aber hab ich schon jetzt mitgenommen. – Dass es aber so schnell ist, hätte ich nicht gedacht. Das Jungtier hat ordentlich Geschwindigkeit gemacht. Ich dachte gleich kriegt`s mich und dann `Gute Nacht`. Aber wir waren gleich schnell… Sorry, der Rest reimt sich nicht mehr.“ „Hast du denn das Gatter nicht geschlossen? Das Biest ist dir ja hinterher geschossen“,  rief Kol, vor Aufregung auch reimend. Vol schaute auf das malerische Bild, dass sich ihren Augen darbot, und hauchte: „Süß!“. Der kleine Dinosaurier hatte sich schneller erholt als der Professor und  sich dann in die Wiese gelegt und jetzt schaute er ihn ununterbrochen an. Dabei hielt er den Kopf leicht schief. Auf einmal wurde er ungeduldig und zupfte mit der pferdeähnlichen Schnauze an seinem Hosenbein. Dann stupste er ihn mit seinem kleinen kompakten Schädel, als wolle er ihn auffordern, mitzukommen. Er war so groß wie ein mittelgroßer Hund und vollkommen unbehaart. Ein paar kleine Falten in seiner knautschigen Haut zeigten ihnen, dass das putzige Tierchen gerade erst aus dem Ei geschlüpft war. Das Stück Eierschale, dass ihm wie ein Hut auf dem Kopf saß, wies ebenfalls darauf hin. Ein bisschen sah das kleine Tier aus wie ein Drache. Die Haut war fest wie Leder und grünlich, auf dem Rücken hatte es eine Reihe kleiner Zacken die reichten fast bis in die Spitze des langen Schwanzes. „Er hält dich wohl für seine Mutter“, sagte Vol. „Gottseidank nur er“, stöhnte der Professor ein kleines bisschen erleichtert. „Einen Augenblick später und alle Dinos aus dem gesamten Gatter wären hinter mir her gewesen.“ „Also hast du es doch geschlossen.“ „Ja, ja. Geschlossen habe ich es. Aber so viele Dinos – die können das Tor ja ganz  leicht aufdrücken.“

Kol und Vol schauten sich erschreckt an. Natürlich, der Professor hatte Recht. Das mussten sie sich ansehen. Sie sprangen auf und liefen in den Wald. Der Weg war nicht schwer zu finden, denn Irmiguckilus hatte ihn für sie durch den Schachtelhalm gewalzt. Während sie sich dem Gehege näherten, wurde das leichte Rauschen, das sie vorhin für ein Auffrischen des Windes gehalten hatten, immer lauter. Aus dem leichten Gesäusel war ein Rumoren geworden und je näher sie dem Gatter kamen, desto besser konnten sie die einzelnen Schreie der Tiere unterscheiden. Als sie dann vor dem Gehege standen, sahen sie die Bescherung. Mindestens einhundert kleine Dinosauriere tummelten sich dort auf dem kleinen, umzäunten Platz. Hier würden sich in wenigen Augenblicken die Worte des Professors bewahrheiten: diese kleinen Echsen sollten das Gatter wohl mit Leichtigkeit aufdrücken, wenn sie sich nur einigen könnten. Stattdessen balgten sie sich, spielten, stupsten einander an, schauten dann neugierig auf unsere drei Freunde und einige der kleinen Dinos ließen sich auch schon erschöpft zu Boden sinken. Nach und nach wurden sie jedoch immer lauter. Ihre Schreie kamen in kürzeren Abständen, bis sie ein fast ununterbrochenes und immer lauteres Gebrüll anstimmten. Erschrocken hielten sich die drei Astronauten die Ohren beziehungsweise die Helmventile über den Ohren zu. Darum hörten sie nicht, wie hinter ihnen eine Karre herangeschoben wurde. Erst als sie dem Professor damit fast in die Hacken gefahren war, rief Fridi: „Aus dem Weg ihr Wahnsinnigen. Oder wollt ihr, dass die Dinosauriere die Herrschaft über den Planeten übernehmen? Wir haben nur eine Chance!“ Und dann warf sie von ihrer Karre kleine Brote ins Gehege.

Sofort stürzten sich die Jungtiere auf die Brötchen, die hier in der frischen Luft nur noch ganz leicht nach Stinkesocken rochen. Kol und Vol halfen ihr nach Kräften. Den Professor interessierten jetzt, da die Gefahr gebannt schien und Fridi das Zepter des Handelns in die Hand genommen hatte, plötzlich nur noch die Steine, die er vorhin freigewalzt hatte und als auch Ärwin, der das Tempo der drei Pomponeller nicht hatte mitgehen können, sie endlich erreicht hatte, waren die hungrigen Biester schon satt und riefen leise aber verständlich „Mama!“

„An die Arbeit“, rief Fridi. „Das waren die ersten, die anderen werden jetzt auch nach und nach schlüpfen. Wir müssen Brötchen backen und dann mal gucken, was sie sonst noch so fressen.“

Viele Stunden später saßen die Pomponeller im Kreis um ein Lagerfeuer herum. Die Sonne ging langsam im Westen unter und sie hatten fast den ganzen Tag gearbeitet. Fridi hatte nach dem Backen der Übersetzungsbrötchen noch einen Teig ohne Stinkekräutern geknetet, der sollte jetzt ihr eigenes Abendessen werden. Der Professor hatte außerdem Würmer gesammelt (Immer drei in den Pott und zwei in den Mund.) und sie mengten die Würmer unter den Teig. Diesen Teig wickelten sie um dünne Schachtelhalmspitzen und ließen die so entstandenen Stockbrote in den Flammen des Lagerfeuers langsam brutzeln.

„Schetz simi rerschtma sischa“, schmatzte Vol mit vollem Mund. Dann schluckte sie und fuhr fort: „Die Überwachungskameras sind auf die Eier gerichtet, der Kommandant hat in jedes Gehege Sensoren gelegt und davor liegen außerdem Futtervorräte.“ Sie biss noch einmal herzhaft in ihr Stockbrot und kaute auch auf dem Schachtelhalm herum. Dann griff sie beherzt in den Wurmpott und stopfte sich noch eine handvoll Würmer in ihre Schnauze. „Schetz heissesch erschma warten.“

„Nein“, Fridi wurde energisch. „Wir können nicht warten, wir müssen diesen Planeten demnächst verlassen“. Die anderen schauten sie erstaunt an. Aber die Übersetzerin war jetzt nicht mehr zu bremsen. „Wir haben keine Chance gegen die Dinosauriere. Sie werden hier früher oder später alles beherrschen. Eins sollten wir allerdings noch tun, bevor wir die Erde verlassen. Wir sollten uns noch einen sicheren Ort hier einrichten, damit wir einen Stützpunkt in dieser Ecke des Weltalls haben, wenn wir noch mal hierher zurück kommen sollten“. „Da hab` ich eine Idee“, rief der Kommandant. „Wie wär´s, wenn wir den gelandeten Kometen ausbauen würden?“

Und das taten sie dann auch. Die Türe wurde so umgebaut, dass sie auch von Innen geöffnet werden konnte. Dafür baute der Kommandant einen elektrischen Türgriff ein, der eine Sonnenbatterie bekam, damit er immer funktionieren würde. Außerdem legten sie in eine Nische neben der Türe Lebensmittelvorräte ab und sie stapelten die Wärmekugeln in einer anderen Nische. Dann gingen sie wieder zu ihrem Raumschiff.

„So“, sagte Vol. „Jetzt werden wir weiterfliegen, wie schon so oft.“ Der Planet mit seiner Sonne und seinem Mond und den anderen Planeten, die sie außerdem entdeckt hatten, wurde in die pomponellische Weltraumkarte aufgenommen und dann sagte Vol zu Ärwin: „So, mein Lieber. Jetzt musst du dich entscheiden. Willst du mitkommen und vielleicht nie wieder auf die Erde zurückkehren, dafür aber lange Jahre mit verrückten Weltraumschweinen durch die Raumgeschichte fliegen oder willst du hierbleiben und dich mit Dinosaurieren rumschlagen und unsere angenehme Gesellschaft vermissen?“ Ärwin musste nicht lange überlegen: „Isch kumm ens met üsch met!“

Und dann räumten sie nur noch ein bisschen auf und flogen davon.

 

Vol schaute noch lange dem Planeten nach, der ihr beim Entdecken solche Schauer über den Rücken gejagt hatte und den sie jetzt nach nur wenigen Wochen schon wieder verlassen wollten. Das konnte doch nicht alles gewesen sein. Dann drehte sie sich mit einem Ruck zu den anderen um und sagte: „Wir sollten uns mal um die Krustkis kümmern und vielleicht mal schauen ob wir dann noch den einen oder anderen Kometen retten können!“        

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Zopf und Rike und die Schweine aus dem Weltraum

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