
Zopf und Rike und die Schweine aus dem Weltraum

Das zweite Kapitel, in welchem sich mitten im Weltraum eine Türe öffnet und große Geheimnisse preis gibt
Mit einem beherzten Druck auf den großen Hebel starteten Kol und Vol die Antriebsmotoren und während sich das große Schiebedach der „Wagemut II“ langsam öffnete, hatten sie noch keine Idee wie die Erde gerettet werden könnte. Wenn man nicht weiß wie es weitergehen soll, ist es am Besten, sich zuerst einen Überblick zu verschaffen. Nachdem sie gestartet waren und ihr Raumschiff „Wagemut II“ verlassen hatten, flogen sie deshalb dicht an den Kometen heran und guckten wie groß er wirklich war. „Zweihundert Meter im Durchmesser, fast kugelrund, 70 Millionen Tonnen schwer, Geschwindigkeit 30 Kilometer pro Sekunde“, ertönte die Maschinenstimme des kleinen, klugen Bordcomputers, der in jede Landekapsel eingebaut war, damit man nicht zu viel Platz brauchte. Der konnte wohl Gedanken lesen. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auf diesem riesigen Kometen zu landen und ihn abzubremsen.“ Diese Idee kam wie ein Blitz über Vol und bevor sie groß nachgedacht hatte, war der Satz auch schon ausgesprochen. Das war mal wieder ihr Gefühl. Kol guckte erst ganz komisch und sagte dann: „Stimmt“. Es gab tatsächlich nichts anderes, was einigermaßen erfolgversprechend wäre. Dennoch war diese Idee tollkühn. So etwas stand in keinem Handbuch der Weltraumfahrt. Das hatte noch keiner vor ihnen gewagt.
Kol, der an der Steuerung der Landekapsel saß, war schon auf dem Weg zum Kometen und suchte einen passenden Platz für die Landung. Sie mussten sich jetzt ein bisschen beeilen, denn der blaue Planet kam schnell immer näher. In ungefähr viereinhalb Stunden würden sie mit der Erde zusammenstoßen. Das hatte der kleine, dumme Bordcomputer ausgerechnet, der hier auf der Landefähre für die Steuerung verantwortlich war. Ganz zufällig sah Kol aus dem Augenwinkel einen kleinen Platz zwischen zwei Kratern, gerade groß genug für eine ungefährliche Landung und er reagierte sofort. Er war kein so guter Pilot wie der Kommandant, aber mit etwas Geschick und Schnelligkeit konnte auch er dienen. Watteweich landeten sie und schauten aus dem Kabinenfenster. Links und rechts konnten sie die zwei Krater ganz dicht bei ihrer Landekapsel fast mit der Hand berühren. Sie stiegen aus und schauten sich um. Der Komet war so wie alle Kometen, die sie bisher kennen gelernt hatten: staubig, grau, kalt, öde und – recht schnell unterwegs. Und er hatte viele Krater. Aber zum ersten Mal nach langer Zeit betraten sie wieder einen anderen Boden als den im Raumschiff und das war ja schon mal was Besonderes. Sie schauten sich ausgiebig in alle Richtungen um, betrachteten den Sternenhimmel, gingen dabei immer weiter von der Raumkapsel weg, sahen, dass die Erde einen Mond hatte und überlegten. Vol sagte: „Mal sehen, was wir hier tun können“. Kol sagte nur: „Voliampuri Korimpullinowatschowilla“. Da wusste Vol, daß ihr Freund etwas entdeckt hatte, und daß es jetzt spannend würde. Angst kennen Pomponeller nicht. Sie sind zwar vorsichtig und passen genau auf, was sie tun, aber mit ihrer ruhigen und umsichtigen Art können sie fast immer einen Ausweg finden. Auch wenn die Situation noch so brenzlig ist. Vol schaute auf die Stelle, die auch Kol anguckte und sagte „Koldita Verdipumpila“ - so hieß nämlich Kol mit seinem ganzen Namen. Sie waren nicht auf einem gewöhnlichen Meteoriten gelandet, denn eine Metalltüre gehört auf gar keinen Fall zu einem gewöhnlichen Meteoriten. Und genau so eine Türe sahen sie jetzt vor sich. Nicht sehr sauber und gepflegt; sie war von der langen Reise durchs Weltall schon etwas verdreckt und verbeult, aber es war eindeutig eine Türe. Kol versuchte sofort die Türe zu öffnen und rüttelte am Türgriff. Vol indessen dachte: „Das ist schon eine komische Sache. Wir rasen mit 30 Kilometern pro Sekunde durch das Weltall, knallen gleich gegen einen sehr schönen Planeten und kriegen die Tür nicht auf“. Dann ging sie zu Kol und drückte die Türe nach innen. Kol guckte erstaunt. Die Tür quietschte erbärmlich als sie sich langsam einen Spalt öffnete. Hinter der Türe blickten Kol und Vol in eine dunkle Höhle.
Kol und Vol wagten die ersten Schritte in das Innere der Höhle und automatisch gingen ihre Helmlampen an.
Hinter ihnen schloss sich die Türe. Aber leider unbemerkt und ohne zu quietschen. Sie quietschte nur in eine Richtung.
„Das ist ja gigantisch!“ Der Meteorit kam ihnen innen viel größer vor als er eigentlich sein durfte. Er war fast größer als er von außen aussah. Auch das Innere war kugelrund und in den Innenwänden befanden sich große Löcher und Vertiefungen. Eine lange Rampe führte an allen diesen Einbuchtungen vorbei, so dass man sie problemlos kontrollieren konnte. Im Mittelpunkt der Höhlenkugel war aber das Allerseltsamste. Ein riesiger Ofen schien dort zu glühen, denn mit einer gleichmäßigen, sehr großen Hitze erwärmte er die Kugel so stark, dass es da drinnen ganz warm war, fast wie in einer Sauna. Warum war das hier so? Kol und Vol hatten nicht viel Zeit, aber das mussten sie herauskriegen. Sie gingen vorsichtig weiter und als sie an der ersten Höhle angelangt waren, staunten sie nicht schlecht. Die kleine Höhle war angefüllt mit großen grüngefleckten Eiern. Die Eier lagen sorgfältig nebeneinander und zwar so, dass jedes Ei gleichmäßig von der Wärme bestrahlt wurde. „Wo sind wir hier?“ rief Kol. Aber Vol war schon vor der nächsten Höhlung. „Hier sind Gelbe!“ rief sie und dann wurde sie ganz rot und hibbelig weil sie fast platzte vor Aufregung.
Pomponeller werden eigentlich ganz selten aufgeregt. Da muss schon etwas ganz besonderes passieren. Denn Pomponeller haben schon viel erlebt und die Erkundungsschiffe bringen laufend so viele neue Informationen nach Pomponella, dass fast alle Geheimnisse des Universums bei ihnen bekannt sind. Pomponella wird oft auch der „große, wunderschöne, gestreifte und liebenswerte Planet des allumfassenden Wissens“ genannt. Etwas Aufregendes kommt also ganz selten vor.
Kol und Vol holten schnell ihre Rucksäcke vom Rücken und kramten in ihrer Ausrüstung. Sie hatten immer etwas dabei, mit dem man neuen Situationen besser verstehen konnte. Kol holte ein Hörrohr aus seinem Rucksack und gleichzeitig zog Vol einen kleinen Durchleuchter aus ihrem. Mit einem Hörrohr kann man sehr gut und genau und vor allem durch Hindernisse hindurch hören. Kol steckte das eine Ende an eine Stelle seines Helmes, der dafür eine Öffnung mit einem Ventil hatte und zielte mit dem Trichter an der anderen Seite des Hörrohres auf eines der Eier. Ein leises Rascheln, Piepsen und Zirpeln war zu hören. „Da drin lebt etwas“ rief er.
„Und gleich werden wir auch sehen, was es ist“, erwiderte Vol und griff zu ihrem Durchleuchter. Ein Durchleuchter ist eigentlich nichts anderes als ein Sehrohr, das aber durch einen raffinierten Mechanismus elektronisch verstärkt wird, so daß man damit auch zum Beispiel durch Eierschalen gucken kann.
Zuerst konnte Vol gar nichts sehen, denn vor Aufregung zitterte sie und konnte das Rohr nicht still halten. Allmählich beruhigte sie sich aber und das Bild im Sehrohr wurde schärfer. Sie rief „Dinosauriere!“ und das ist jetzt wirklich ein unglaublich großer Zufall, denn „Dinosauriere“ heißt auf pomponellisch nichts anderes als: „Sind die niedlich“. In unserer Sprache heißen diese gerade entdeckten Tiere auch „Dinosauriere“. Aber uns gab es zu der Zeit als das alles passierte ja noch lange nicht. Und es würde uns auch gar nicht geben, wenn Kol und Vol nicht die Erde gerettet hätten. Und dazu hatten sie, als sie die Eier entdeckten, noch genau zwei Stunden und zwanzig Minuten Zeit.

